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Initiative Resonanz-Ökonomie

13. Januar 2020 von Matthias Rosenberger

Eine Marke ist Ausdruck der lebendigen Beziehung eines Unternehmens zur Öffentlichkeit. Jede Beziehung bedingt Kommunikation, heißt Interaktion, heißt immerwährender Austausch.

Indem ein Unternehmen die Grundkonzeption einer Marke der Öffentlichkeit vorstellt, initiiert es damit einen dynamischen Prozess, der in der Öffentlichkeit ein emotionales als auch rationales Resonanzfeld erzeugt. Kunden kaufen. Sie re-signalieren damit, dass Sie die Markenbotschaft angenommen haben.

Und Markentreue entspricht damit einem direkten Wunsch, die Kommunikation aufrecht zu erhalten.

Eine Marke ist von Seiten des Unternehmens ein Beziehungsangebot. Kunden als auch Nicht-Kunden entscheiden darüber, ob und wie sie dieses annehmen. Gestaltet wird also die Marke initiativ durch das Unternehmen, sodann von der Wahrnehmung der Öffentlichkeit und deren Antwortverhalten durch Kaufverhalten, die Customer Journey, aber auch durch Diskurse des öffentlichen Lebens, die sich zwar nicht direkt auf eine entsprechende Marke beziehen müssen, aber Rückkopplungen sowohl auf Markenwahrnehmung als auch Unternehmenskultur haben können. Ein Beispiel ist die aktuelle Klimadebatte, die die Wahrnehmung von Automobilmarken beeinflusst, ohne diese konkret zu meinen.

Die Brand Experience ist insofern als ein aktiver Prozess, mehr noch, als ein dynamischer und transaktionaler Prozess zu verstehen, in dem das Verhalten des Unternehmens von der Öffentlichkeit wahrgenommen und entsprechend beantwortet wird, wobei dieses Antwortverhalten wiederum auf die qualitative und symbolische Aufladung der Marke und ebenso auf das Unternehmen zurückwirkt und dessen internes und externes Verhalten verändern wird.

Resonanzmanagement

In der Physik spricht man von Resonanz, wenn ein Objekt in der gleichen Frequenz schwingt wie ein zweites, wobei das erste Objekt das Schwingen zweiten Objekts initiiert, sofern dieses über resonanzspezifische Eigenschaften verfügt, die mit denen des ersten Objekts korrespondieren. Ein Beispiel wäre die Saite einer Geige, die eine gleichgestimme Saite eines anderen Instruments mitschwingen lässt.

Ähnlich verhält es sich mit der Brand Experience: Ist das Unternehmen in der Lage, mit der Konzeption einer Marke affektive und rationale Resonanzen in den Kunden zu erzeugen, werden die Kunden Teil eines lebendigen Resonanzfeldes.

Die Resonanzen zwischen Menschen beziehungsweise Organisationen und Menschen sind natürlich um einiges komplexer und vielschichtiger als die rein physikalischen Resonanzen zwischen Musikinstrumenten (s. ausführlich Annett Schmidt: 2020. https://www.econstor.eu/handle/10419/210653).

Resonanzfelder zwischen Menschen sind durchdrungen von einer Vielzahl von Resonanzachsen, die verschiedene Themenbereiche, Einstellungen, Affekte oder Bedürfnisse aktualisieren. Auf ihnen fließen Motivationswellen (motivational waves), Wellen aus Zustimmung und Ablehnung, je nach dem auf welche Weise sie die Einstellungssysteme der Kunden treffen, rationale Wellen aus nüchternem Kalkül über Kosten-Nutzen-Verhältnisse und vieles mehr.

Der Kern einer gelingenden Unternehmensberatung und damit einer gelingenden Managementstrategie besteht darin
die Elemente dieser Resonanzfelder sichtbar zu machen und Möglichkeiten der Optmierung auszuloten.

Resonanzfelder: Die vielschichtigen Beziehungen zwischen Unternehmen und Öffentlichkeit

Bislang existierten drei grundsätzliche Ansätze, um Kundenverhalten und Unternehmensverhalten zu erklären. Der erste Ansatz untersucht ausschließlich das psychologische Inventar des Kunden, dessen Einstellungen, Verhaltensvoraussetzungen oder Absichten. Beispiele dafür sind etwa eine Vielzahl von Mehr-Faktoren-Modellen zur Beschreibung von Verhaltensintentionen und –initiationen. Der zweite grundlegende Ansatz fokussiert die Unternehmensstrategien, den absichtsvollen Aufbau einer Marke von Seiten des Unternehmens, seiner Produktpalette und die internen Organisationsstrukturen. Der dritte Ansatz koppelt beide Ansätze miteinander, bleibt aber in der üblichen Sequenzialität herkömmlicher Kommunikationsmodelle stecken, in denen das Verhalten von Sender und Empfänger als eine zeitverzögerte Abfolge von Botschaft, response, Reaktion und so weiter verstanden wird. Keiner dieser Ansätze wird den Bedingungen heutiger Verhältnisse globalisierter und zeitgleicher, weil digitalisierter und ortsunabhängiger Kommunikationen gerecht.

Ziel und Zweck einer Marke ist es für ein Unternehmen, im besten Falle eine Bindung des Kunden zum Unternehmen über die Marke aufzubauen. Bindung aber ist ein interaktionales Phänomen, das tief im Menschen verankert ist und dessen Wahrnehmung und Verhalten leitet. Eigenschaft von Bindung ist der lebendige Austausch von allen Beteiligten Bindungspartnern.

Vielmehr gilt es, das Resonanzfeld dieser Bindung selbst zum Untersuchungsgegenstand zu machen. Sowohl Unternehmen als auch Kunden (und Nicht-Kunden) werden in einem solchen Ansatz zu Polen innerhalb eines komplexen Resonanzgeflechts.

Es ist für Unternehmen überlebensnotwendig zu verstehen, dass Markenwahrnehmung per se ein dialogischer Prozess ist. Aufgabe des Unternehmens ist es weniger, einen Dialog mit der Öffentlichkeit herzustellen (das wäre nur bei der Einführung einer neuen Marke der Fall), sondern den bereits bestehenden Dialog in die gewünschte Richtung zu steuern. Ist das dialogische Element nicht sichtbar, heißt das nicht, dass es nicht vorhanden wäre. Die Kommunikation wäre in diesem Fall lediglich durch Desinteresse, Gleichgültigkeit oder fehlende Kommunikationsmöglichkeiten für die Kunden gekennzeichnet. Man hätte es nicht mit einer resonanten Beziehung, sondern mit einer „Echo“-Beziehung zu tun, bei der zwar gesendet wird, aber der Empfänger lediglich die Information unverändert zurückwirft. Eine solche „Echo“-Kommunikation bewirkt keine Veränderungen im Gegenüber, in diesem Fall im Kunden – er bleibt unberührt und ungerührt von den Absichten des Unternehmens.  

Die Bindung eines Kunden zu einer Marke und dem entsprechenden Unternehmen ist hochgradig abhängig von dem Resonanzangebot, das vom Unternehmen selbst ausgeht. Demzufolge kommt dem Aufbau und der Pflege der Marke die zentrale Stellung in der Unternehmensstrategie zu. Doch wäre es ein Irrtum anzunehmen, die durch das Unternehmen bereitgestellten Attribute einer Marke würden bereits hinreichend die Brand Experience des Kunden (und der Mitarbeiter) in die gewünschte Richtung beeinflussen. Vielmehr wirken auf das Image der Marke ebenso öffentliche Diskurse (wie derzeit in der Automobilbranche zu beobachten), Erfahrungen der Kunden mit Produkten der Marke, diesbezügliche Kommunikationen der Kunden und Nichtkunden untereinander, das emotionale und affektive Antwortverhalten auf die öffentliche Präsenz einer Marke (etwa durch witzige oder anstößige Werbung) und vieles andere mehr. Von diesem rationalen und affektiven Wert einer Marke in der Öffentlichkeit ist letztlich ihre Potenz zur Wertschöpfung, also letztlich dem monetären Erfolg eines Unternehmens abhängig. 

Um in einer Zeit beschleunigter Entwicklungsprozesse ein Unternehmen erfolgreich zu führen, bedarf es einer kontinuierlichen Markenpflege des Unternehmens, indem dieses sich als Interaktionspartner der Öffentlichkeit und damit der Kunden begreift. 

Vorwärts in die Vergangenheit

Damit wird deutlich, dass Analysen in Form von reinen Kennzahlen, etwa Umsatzzahlen, Börsennotierungen und andere, zwar notwendig, aber nicht mehr hinreichend sind. Auf Zahlen, die im letzten Jahr relevant waren, ist heute kein Verlass mehr. Mehr denn je zeigt sich der dynamische Resonanzcharakter zwischen Unternehmen und Kunden, der keine Pause kennt.

Es ist die durch die Digitalisierung ermöglichte Gleichzeitigkeit sozialer Kommunikationen, die resonante Antworten auf wahrgenommenes Verhalten eines Unternehmens sofort und ohne Verzögerung wirksam werden lassen. Der Prozess von Kommunikation, der bis zur Digitalisierung durch Sequentialität gekennzeichnet war, ist nun nicht-sequentiell und unmittelbar geworden. So sind Häufungen von gleichschwingenden Rückmeldungen möglich, die unter anderem kurzfristige Hypes oder Shitstorms verursachen können, die so schnell und heftig entstehen, wie sie wieder verklingen. 

Was es zu managen gilt, ist die lebendige Kommunikation zwischen Unternehmen und Kunden (Öffentlichkeit), indem das Unternehmen die Marke als den Parcours begreift, auf dem vielfältige Wellen aus Motivationen, Affekten und rationalen Erwägungen hin und her fließen. 

Oberflächen- und Tiefenstrukturen von Resonanzfeldern in der Unternehmensführung

Die Oberflächenstruktur dieses Resonanzfeldes bildet die Marke als sichtbares Bündel an Symbolik und beschreibbarer Kommunikation zwischen Unternehmen und Öffentlichkeit.

Die Tiefenstruktur hingegen ist durchdrungen von den motivational wavesaffective waves und rational waves, die die beteiligten Pole des Resonanzfeldes miteinander verbinden.

Die Marke an sich ist aus dieser Perspektive das Surface, das vom Unternehmen zum tragfähigen Parcours der relevanten Kommunikationen gestaltet werden sollte. Doch diese Oberflächenstruktur verändert sich fortlaufend durch die resonanten responses, die die öffentliche Wahrnehmung zurücksendet.

Gelingt es einem Unternehmen durch die Botschaften der Marke, jene Resonanzpunkte in den Kunden und potentiellen Kunden zu berühren, die deren relevanten Einstellungen und Überzeugungen aktualisieren, entsteht jener Gleichklang, den wir aus einem gut gestimmten Orchester kennen, dessen Resonanzen die verschiedenen Instrumente miteinander verbindet und somit eine Einheit – eine Bindung – erzeugt. Die Brand Conception koppelt sich an die Wertesysteme der Kunden und erzeugt somit eine gravitative Resonanz, die deren Verhalten hin zur Marke und damit zu den Produkten lenkt. 

Der Dreiklang aus Marke, Wertschöpfung und Organisation

Verdichtet man die wesentlichen Elemente der Resonanzen, die den Unternehmenserfolg bedingen, ergeben sich drei grundlegende Faktoren, zwischen denen sich mehrere Resonanzachsen zu starken Seilen verbinden.

Dieser Dreiklang besteht aus

  • der Organisation selbst, ihrer internen Struktur und ihrer Unternehmenskultur,
  • der Wertschöpfung (Value) des Unternehmens, operationalisiert durch tatsächliche und prognostische Umsätze
  • und der Marke als Ausdruck sichtbarer Kommunikation (Resonanzangebot und -pflege)

Zwischen CorporateResonance und BrandResonance wäre der resonante Gleichklang dann gewährleistet, wenn Unternehmenskultur und Markenbotschaften auf konsonante Weise resonieren. Transportiert etwa die Marke Botschaften, die sich auf Sicherheit und Stabilität beziehen, sollte auch innerhalb des Unternehmens ein damit kongruentes Klima herrschen; zum Beispiel sollten sich in diesem Fall Mitarbeiter in sicheren Arbeitsverhältnissen befinden, und das Gefühl haben, auf stabile Weise mit ihrer Arbeit ihr Leben ermöglichen zu können und in ihrer Arbeit Wertschätzung zu erfahren. Diese Unternehmenskultur wird kommuniziert – man kann nicht nicht kommunizieren, heißt es bei Watzlawick – und zwar in jedem Falle, auch ein Schweigen oder Verschweigen transportiert damit ein Gefühl mangelnder Sicherheit. Einer der wesentlichen Sollwerte psychischer Aktivitäten ist das Bedürfnis nach hinreichender Vorhersehbarkeit und Kontrollierbarkeit von Ereignissen. Fehlen solche Informationen, greifen spekulative Vorstellungen der Öffentlichkeit über die internen Verhältnisse von Unternehmen, und diese sind zumeist nicht im Sinne des Unternehmens.

Die Sub-Resonanzen innerhalb des Unternehmens sollten also mit den entsprechenden Botschaften der Marke qualitativ identisch sein.

BrandResonance und ValueResonance sind optimalerweise verbunden mit Resonanzachsen, die eine Differenzierung und Abgrenzung von konkurrierenden Marken erlauben. Diese Resonanzen heben die Marke aus der Beliebigkeit einer Vielzahl von anderen Anbietern heraus. Die psychischen Bedürfnisse, Einstellungen, Affekte und Motivationen der Kunden suchen nach Resonanzangeboten, an die sie ankoppeln können. Es ist eine allgemeine menschliche Eigenschaft, sich in Beziehung zu setzen, nach Resonanzen zu suchen. Über resonante Beziehungen erfahren sich Menschen, konstituieren ihr Einstellungsinventar, gleichen ihre Überzeugungen ab, stabilisieren ihr Selbstbild. Ist eine Marke in der Lage, diesbezüglich attraktive Identifizierungsangebote zu unterbreiten, werden Kunden auch jenseits des rationalen Nutzens eines Produkts eine Bindung zu dieser Marke aufbauen. Es entsteht in diesem Fall eine gravitative Resonanz, da sie für den Kunden neben dem rationalen Nutzen auch eine selbstreferenzielle Funktion hat.

Die Bindungsachse von Marke zu Wertschöpfung zeigt deutlich, dass Unternehmenserfolg maßgeblich von der Qualität der Brand Experience abhängig ist.

ValueResonance und CorporateResonance sind durch die Effizienz von Unternehmensstrategie und taktischem Know How gekennzeichnet. Das ist natürlich kein neuer Gedanke, doch auch hier wird oft vernachlässigt, dass die Beziehung zwischen Wertschöpfung und Organisationskultur resonante, also transaktionale, nichtsequenziell wechselwirkende Prozesse anstoßen kann, die zu Teufelskreisen erodierender Unternehmenskultur und Wertverlusten führen können. Effizienz ist nicht nur vom Handeln des Unternehmens abhängig, sondern auch das Maß der Wertschöpfung, dessen Schwankungen wirken ebenso zurück auf die Unternehmenskultur.

Dieser relationistische Zusammenhang der drei Faktoren zeigt sich am ehesten in der Brand Experience, dem Markenerleben durch Kunden, Nicht-Kunden und Mitarbeiter, worin die Customer Experience nur einen Teil ausmacht, weswegen die Marke sich als Ausgangspunkt für Unternehmensberatungen, zur Erhebung von Unternehmensdaten und generell der Sichtbarmachung des Netzes aus relevanten Resonanzachsen anbietet. 

Über all diesen Überlegungen steht als Zielstellung der Kunde und dessen erwünschte Bindung an das Unternehmen, dessen Bereitschaft, die entsprechenden Produkte zu kaufen, Serviceleistungen in Anspruch zu nehmen, und die qualitativen sinnstiftenden Angebote, die durch die Marke transportiert werden, anzunehmen. 

® Rosenberger 2020

Die Welt ändert sich, wir ändern uns. Unser Antrieb ist, immer besser zu werden. Mit der Rosenberger International GmbH machen wir Marken relevanter und integrieren unser Resonanzmodell mit der PerformanceResonanceScorecard (nach Winterstein & Rosenberger 2020) in unsere strategische Beratungsarbeit.